
Fiermonte-Erbe: Eine Liebesgeschichte aus Stein, Kunst und Seele
von Eva Winterer
Fiermonte-Erbe: Eine Liebesgeschichte aus Stein, Kunst und Seele
Im Herzen von Lecce wird die Saga einer Familie zu La Fiermontina: eine Kollektion einzigartiger Hotels und Suiten, in denen ihre Kunst und Gastfreundschaft in einem "Albergo Diffuso" weiterleben.
von Eva Winterer
Photo: Die junge Antonia Fiermonte. Aus dem Album der Familie Fiermonte-Filali
La Fiermontina Family Collection – eine Anspielung auf die italienische Verniedlichungsform von Fiermonte – klingt nach einer heimlichen Liebeserklärung. Sie umarmt die Geschichte einer Familie, die Zeit ihres Lebens zwischen Kunst, Reiselust und jenseits der gesellschaftlichen Konventionen ihrer Zeit lebte. Diese Familiengeschichte führt in das Herz von Lecce: jenes Barockjuwel, dessen goldschimmernder Pietra Leccesse besonders am späteren Nachmittag faltig und von der Geschichte gezeichnet sehr nahbar wirkt und Wärme ausstrahlt. Nicht allein die Wärme der hochsommerlichen Straßen, sondern die Wärme eines Willkommens.
Drei Häuser, eine Seele
Heute öffnet sich das Trias-Universum der Familie Fiermonte-Filali: die historische Masseria aus dem 17. Jahrhundert, Geburtsort des Projekts und seit 2015 als La Fiermontina Luxury Home bekannt, der La Fiermontina Palazzo Bozzi Corso, ein aristokratisches Stadtpalais aus 1775, das seit 2018 Gäste empfängt und das Fiermonte Museum. Es wurde 2018 als kulturelles Bindeglied eröffnet seit vergangenem Jahr neu kuratiert und ist nunmehr zugleich die Bühne von vier Suiten, die alle Facetten der Familienchronik und der Liebesgeschichte Fiermonte - Letourneur - Zwobada erzählen.
Die Gebäude trennt nur wenige Schritte. Gleichwohl erzählen sie zwei komplementäre Wesenszüge Lecces: Die Masseria steht für Erdverbundenheit mitten in den antiken Stadtmauern, der Palazzo repräsentiert die Eleganz barocker Stadtkultur. Das Museum schlägt die Brücke – intellektuell, emotional, räumlich.
Eine Familiengeschichte im Brennglas des 20. Jahrhunderts
Im Zentrum aller Erzählungen steht Antonia Fiermonte. Auf einem alten Porträt sitzt sie neben ihrer Mutter Lucrezia und ihrem Bruder Enzo, dem späteren Boxchampion und Hollywood-Schauspieler. Antonia verließ in den 1920er Jahren ihre apulische Heimat, um in Rom und Paris künstlerische Freiheit zu suchen und um zu lieben. Ihre ebenso leidenschaftliche wie tragische Ménage-à-trois mit den beiden Künstlern und Freunden René Letourneur und Jacques Zwobada wurde zum Sinnbild ihres Lebensentwurfs. Ihr Mut, Konventionen ungerührt beiseite zu schieben, formte den inneren Kompass ihrer Enkel Fouad Giacomo und Antonia Yasmina Filali.
Beide sind als Kinder von Antonia Fiermontes Tochter und ihrem Vater, einem marokkanischen Diplomaten, zwischen den Kulturen und rund um die Welt aufgewachsen. Als sich Fouad Giacomo im Jahr 2003 auf die Spuren seiner Vorfahren in Apulien, genauer gesagt in Casamassima in der Nähe von Bari begab, kam er eines Tages nach Lecce und blieb. Die Stadt hatte in verzaubert. Er fand einen verwunschen wirkenden Stadtbauernhof, eine Masseria, als Ferienresidenz für die Familie.
Zehn Jahre Restaurierung mit Feingefühl
Mit dem Beginn der Renovierungsarbeiten stellte sich heraus, dass die Masseria größer war, als in den offiziellen Plänen eingezeichnet. Schritt für Schritt, Schicht um Schicht öffnete sich die Masseria und gab ihre Geschichte frei.
Unter der Aufsicht der Sopraintendenza – der staatlichen Denkmalschutzbehörde – wuchs ein Restaurierungsprojekt, das Altes bewahrte und doch zeitgenössische Leichtigkeit einhauchte. Für die Böden wählten die Designer längst vergessene Terrazzomischungen. Marmo di Trani trifft auf den in der Abendsonne honigfarbenen Pietra Leccese. Jacques-Philippe und Christophe von Laboratoire Design à Rabat betreuten und betreuen bis heute jedes Detail des Projekts.
Was als privates Domizil gedacht war, nahm mit jeder neuen Entdeckung die Dimensionen eines Hauses an, das geteilt werden wollte. Im Rückspiegel betrachtet, bereicherten gerade diese unerwarteten Funde das Projekt und wurden zu einer Gelegenheit an der Geschichte der Masseria weiterzuschreiben.
Vom privaten Rückzugsort zum geteilten Glück
2013 war die Substanz gerettet. Eines Abends, nach der Abreise von privaten Gästen, saßen Antonia Yasmina und Fouad Giacomo im Garten. Es war der Moment einer Reflexion. „Was machen wir hier eigentlich?“, fragte sie halb belustigt, halb ernst. Bereits zu diesem Zeitpunkt gab es ein reges Kommen und Gehen, daher fiel die Entscheidung nicht schwer.
2015 eröffnete La Fiermontina Luxury Home mit 19 Zimmern, verteilt auf drei Gebäudeflügel: das Haupt-Massaria-Haus, die gegenüberliegende Palazzina Lazzari und die dezenten Suite-à-coté.
Die Handschrift des Design-Duos ist klar zu erkennen. In der Neuinterpretation als Ort des Willkommens und der Gastfreundschaft respektierten sie seine ursprüngliche Seele und Struktur. Sie fanden ein ausgewogenes Zusammenspiel aus historischer Substanz, lokaler Traditionen und Materialien sowie modernem Interieur. In einigen Zimmern wurden die originalen Gewölbedecken restauriert und zeigen ihren speziellen Charakter. So wurden etwa die Chianche-Steine der alten Terrasse als Gartenboden wiederverwendet und alte Treppensteine zu Bänken im Garten umfunktioniert.
Ein Garten als Symbol der Gastfreundschaft
Begrenzt vom Gebäude und der alten Stadtmauer, befindet sich ein kleiner, alter Hain aus Zitronenbäumen, der mit einer Legende verbunden ist. Laut dieser, pflanzte der Heilige Franziskus, auf seiner Reise durch Apulien in Lecce, als Dankeschön für die Gastfreundschaft der Stadt, einen Orangenbaum. Als Geste der Verehrung pflanzen die Bewohner Lecces ihm zu Ehren seither Zitrusbäume in ihren Gärten.
Das Prinzip des „Albergo Diffuso“
Als Zeichen der gelebten Gastfreundschaft verweben die Filalis die drei Häuser zu einem „albergo diffuso“ – einem Hotel, dessen Teile in der Stadt verteilt und doch miteinander verbunden sind. Gäste, die im Museum logieren, tauchen in den Pool der Masseria ein, Bewohner des La Fiermontina Palazzo Bozzi Corso speisen im Olivenhain des Zéphyr Restaurant im Luxury Home und jeder Gast ist zu einem privaten Rundgang durch die Ausstellung des Museums eingeladen.
Ankommen wie bei Freunden
Die Gäste spüren ab der ersten Minute eine wohltuend private Atmosphäre: ein freundliches Abholen an der Schwelle, ein Espresso im Salon, Bücherregale statt Monitoren. Die Mitarbeiter präsentieren sich als kultivierte Gastgeber, die Literaturtipps geben. Sie sind so international wie die Gastgeber-Familie selbst. Es ist das angenehme Gefühl in einem Wohnzimmer anzukommen und nicht die nüchterne Distanz einer Rezeption zu spüren.
Zukunft mit Wurzeln
La Fiermontina steht exemplarisch für eine neue Form süditalienischer Gastlichkeit: familiär und weltgewandt, tief verwurzelt und klar nach vorne gerichtet. Wer hier ist, kann die Geschichte und die sorgsame Restaurierung hautnah fühlen – ein harmonisches Gleichgewicht zwischen Vergangenheit und Zukunft.
La Fiermontina fängt dieses Gefühl ein und übersetzt es in Räume: dem Echo der Schritte in den honigfarbenen Gassen von Lecce, dem Geruch von sonnengewärmten Steinen und dem Puls Süditaliens. Vielleicht finden Sie sich bald – so wie ich – unter einem der Zitronenbäume im Garten wieder, ein Glas Primitivo in der Hand, während über Ihnen die Sterne Apuliens erwachen. Die Türen stehen offen, denn die Geschichte schreibt ihr nächstes Kapitel mit jedem Gast, der eintritt.
Kommen Sie mit auf einen Spaziergang
Die Saga der La Fiermontina Family Collection ist noch lange nicht zu Ende erzählt. Folgen Sie uns auf Instagram und LinkedIn und abonnieren Sie unseren Newsletter, um keine der kommenden Geschichten zu verpassen: über die tragische Liebe Antonia Fiermontes zu zwei Künstlern, über das Wohnen inmitten von Kunst im Museum und darüber, was Yoko Ono mit dem La Fiermontina Palazzo Bozzi Corso verbindet.