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Rahul Mishra und Imane Ayissi: Zwei Stimmen einer neuen Haute Couture
Rahul Mishra und Imane Ayissi: Zwei Stimmen einer neuen Haute Couture I Photo: nowfashion.com

Zwei Stimmen einer neuen Haute Couture

Auf den Laufstegen der Paris Fashion Week verbinden Rahul Mishra und Imane Ayissi Handwerk, Herkunft und regenerative Materialien zu einer zeitgemäßen Vision von Couture: der Couture Régénérative.

von Ella Carlucci

16. August 2025

Die Landkarte des internationalen Luxus verschiebt sich. Abseits der etablierten Zentren tauchen neue Orte auf, die sich durch einzigartige Materialqualität, herausragende Handwerkstechniken und eine tiefe kulturelle Verankerung definieren. Aus dieser Bewegung erwächst eine Ästhetik, die den Anspruch der Haute Couture auf Präzision und künstlerische Freiheit mit den Prinzipien der Regeneration verbindet.

Neue Perspektiven der Haute Couture

Diese Verbindung, die als „Couture Régénérative“ bezeichnet werden kann, ruht auf drei Säulen: Materialien, die den Kreislauf der Natur stärken, Handwerk, das dauerhaften Wert schafft, und eine Gestaltung, die vorhandenen Ressourcen neues Leben einhaucht. Auf den Laufstegen der Welt finden sich zunehmend Kollektionen, die diese Philosophie verkörpern. Zwei herausragende Beispiele dafür sind Rahul Mishra aus Indien und Imane Ayissi aus Kamerun. Beide zeigen regelmäßig ihre Kollektionen in Paris und bereichern die Szene mit frischen Perspektiven, die tief in ihren jeweiligen geografischen und kulturellen Wurzeln verankert sind.

Rahul Mishra: Indische Poesie in Stoff und Stickerei

Rahul Mishra, geboren 1979 in Malhausi, Uttar Pradesh, kam über die Physik zur Mode. Er studierte am National Institute of Design in Ahmedabad und am Istituto Marangoni in Mailand. 2014 wurde er als erster indischer Designer mit dem International Woolmark Prize ausgezeichnet.

Modedesigner Rahul Mishrani am Ende der Präsentation seiner Kollektion Spring Summer 2024.
Rahul Mishrani kam über die Physik zur Mode. 2014 wurde er als erster indischer Designer mit dem International Woolmark Prize ausgezeichnet. I Photo: nowfashion.com
Heute leitet er von Neu-Delhi aus, ein Netzwerk von über 1.000 Kunsthandwerkern in ländlichen Regionen Indiens, darunter in Uttar Pradesh und Westbengalen. Mit seinem Verständnis von Luxus positioniert sich Mishra gegen die Schnelllebigkeit der Mode. Er steht für Slow Fashion und die Idee der Achtsamkeit, die auf traditionellen indischen Handwerkstechniken beruht. Grundlage ist die von ihm formulierte Philosophie der drei „E“ – Environment, Employment und Empowerment.

Die verwendeten Stoffe stammen aus regenerativem Baumwollanbau und der Seidenproduktion kleiner Familienbetriebe. Viele Materialien entstehen in Kooperationen mit Webern, die Handspindel und Handwebstuhl einsetzen. Die Garne werden lokal zum größten Teil mit natürlichen Pigmenten aus Pflanzen und Mineralien gefärbt. 

Becoming Love: Siebe Stufen der Liebe auf dem Laufsteg

Mit seiner Couture-Linie für den Herbst/Winter 2025 mit dem Titel „Becoming Love“ lädt der Designer das Publikum auf eine emotionale Reise ein. Die Kollektion, präsentiert sowohl in Paris als auch auf der India Couture Week, ist eine poetische Interpretation der Sufi-Idee von den sieben Stufen der Liebe, die von der Anziehung bis zur Auflösung des Selbst reichen.

Jede der sieben Stufen spiegelt sich in den Silhouetten der Kleider wider, die sich von zart fließenden Anfängen zu opulent bestickten Highlights entwickeln. Dabei ist die Handschrift Mishras unverkennbar: Die Stickereien sind das Herzstück der Kollektion. Sie entstehen in Aari-, Zardozi- und Naqshi-Techniken, ergänzt durch Kundan- und Paillettenarbeiten. Über 1.000 Kunsthandwerker arbeiteten an der Realisierung der Entwürfe und der Kollektion.

Ein Quintett goldener Kleider und Anzüge, inspiriert von Gustav Klimts Kunstwerken, erzählt die Geschichte der Besessenheit, der vorletzten Stufe der Liebe. Die Kleider, besetzt mit Pailletten und Stickereien, zitieren Klimts Wirbelmuster und goldene Farbtöne. Florale Motive, darunter große Lotusblumen, symbolisieren die Schönheit der Liebe. Für „Becoming Love“ arbeitet Mishra erstmals mit dem renommierten Hutmacher Stephen Jones und dem indischen Schmuckhaus Tanishq zusammen.

The Pale Blue Dot: Über die Zerbrechlichkeit unseres Planeten

Eine weitere Kollektion, „The Pale Blue Dot“ aus dem Frühjahr 2025, ist eine Hommage an die Zerbrechlichkeit unseres Planeten. Die Entwürfe erzählen von einer Zukunft, in der die Natur die Oberhand über urbane Landschaften gewinnt. Mishra kombiniert Details der Architektur mit natürlichen Motiven.

Ein Cape aus dunklem Samt ist mit einer Skyline aus Pailletten bestickt, während ein bodenlanger Rock dreidimensionale Lotusblüten in plastischer Stickerei zeigt. Die dafür verwendete Baumwolle stammt aus Projekten, die den Boden durch Fruchtwechsel und organische Düngung regenerieren. Die Seidenstoffe werden in Webereien gefertigt, die ausschließlich mit Regenwasser und pflanzlichen Farbstoffen arbeiten.

Imane Ayissi: Von Yaoundé nach Paris

Imane Ayissi, 1968 in Yaoundé geboren, entstammt einer Familie von Künstlern und Sportlern. Früh war er Teil des Ballet National du Cameroun und arbeitete als Tänzer mit internationalen Choreografen, bevor er in die Mode wechselte. Nach seinem Umzug nach Paris in den 1990er-Jahren war er als Model für große Häuser wie Dior, Lanvin oder Valentino tätig und entschied sich schließlich, sich ganz der Couture zu widmen. Heute zählt er mit seinen Kollektionen, die Stoffe und Techniken aus verschiedenen afrikanischen Ländern mit der Pariser Schnitt- und Drapierkunst verbinden, zur offiziellen Auswahl der Fédération de la Haute Couture et de la Mode.

Imane Ayassis am Ende der Präsentation seiner Spring/Summer 2022 Kollektion, Paris Fashion Week
Imane Ayassis zählt mit seinen Kollektionen zur offiziellen Auswahl der Fédération de la Haute Couture et de la Mode. I Photo: nowfashion.com
Akouma und Faliya: Kultureller Reichtum

Ayissis Arbeit ergründet konsequent die Bedeutung von Textilien als Träger von Identität und Geschichte. Eine frühere Kollektion 2020 lief unter dem Titel „Akouma“, was in der Sprache der Beti „Reichtum“ bedeutet. Damit verwies Ayissi auf die kulturelle Bedeutung von Stoffen wie Raffia oder Kente, die in Afrika für Würde, Status und kollektive Erinnerung stehen. Inspiriert von Tanz und Bewegung, inszenierte er die Materialien in Schichtungen und Drapierungen, um ihre Struktur und Lebendigkeit sichtbar zu machen.

Imane Ayissi Couture Spring/Summer 2020, Paris Fashion Week
Die Misrani Kollektion “ Akouma ” Spring/Summer 2025 auf der Paris Fashion Week. I Photo: nowfashion.com
Diesen Gedanken entwickelte er in seiner Couture-Kollektion „Faliya“ (Frühjahr/Sommer 2022) weiter. Der Name aus seiner Muttersprache Ewondo bedeutet „Mischung“ oder „Kreuzung“ und wird zum Leitmotiv: Ayissi untersuchte die Schönheit, die aus der Begegnung von Kulturen entsteht. Dabei diente ihm das Upcycling als technische und metaphorische Grundlage. Stoffreste früherer Kollektionen wurden zu kunstvollen Applikationen verarbeitet und mit Materialien wie Jersey und Organza kombiniert. So entstand aus Fragmenten der Vergangenheit eine neue, harmonische Ästhetik.

Akalann und Ikorrok: Dialog und Regeneration als Designprinzip

Für seine Kollektion „Akalann“ (Frühjahr/Sommer 2025) vertiefte Ayissi den kulturellen Dialog. Er dekonstruierte traditionelle afrikanische Gewänder wie den Boubou und den Kaba und entdeckte dabei strukturelle Parallelen zum asiatischen Kimono oder dem koreanischen Hanbok. Diese interkontinentalen Verbindungen wurden durch eine Zusammenarbeit mit der Malerin Wang Ying unterstrichen, deren an den Impressionismus angelehnte Pinselstriche auf Seide und Bambusstoffen eine Brücke zwischen den Welten schlagen.

Seine Kollektion „Ikorrok“ für Herbst/Winter 2025/2026 ist schließlich ein „lebhaftes Loblied auf die Regeneration der Erde“. Ikorrok bedeutet „Brachland“ – eine Fläche, die man der Natur zur Erholung zurückgibt. Diese Philosophie spiegelt Ayissi in seinen Designs wider, indem er Naturmotive in Brokat, Applikationen und Stickereien aufgreift. Er verarbeitet traditionelle Stoffe wie handgewebte Faso Dan Fani aus Burkina Faso und Obom-Rindenstoff aus Kamerun, der nach der Ernte nachwächst. Diese authentischen, oft groben Materialien verbindet er mit feiner Seide und Tüll, um eine spannungsvolle Ästhetik zu schaffen, bei der grafische Schnitte auf weiche Drapierungen treffen.

Ein Teil der Kollektion besteht aus biologisch abbaubarem Schafwollfilz aus Frankreich, der in Zusammenarbeit mit der Künstlerin Aline Putot-Toupry mit Porzellan, Halbedelsteinen und Urushi-Lack veredelt wurde. Die Farbpalette reicht von erdigen Tönen bis zu kräftigem Rot und tiefem Blau.

Eine gemeinsame Vision: Couture Régénérative

Rahul Mishra und Imane Ayissi gestalten eine Haute Couture, die einen Blick auf die Mode von morgen werfen lässt. Sie setzen auf Materialien, die den natürlichen Kreislauf fördern und deren Herkunft nachweisbar ist. Mit dieser Einstellung schlägt ihre Arbeit eine inhaltliche Brücke zwischen geografisch weit entfernten Orten – vom Baumwollfeld in Indien über die Weberei in Burkina Faso bis zu den Laufstegen in Paris. Sie verbinden regionale Traditionen mit einer modernen Ästhetik und zeigen so, wie sich Luxus und Schönheit auf eine neue Weise interpretieren lassen, die sowohl anspruchsvoll als auch vorausschauend ist.