
Die Magie des Kreises
von Eva Winterer
Die Magie des Kreises
Wie eine Architektur, die kaum Ecken kennt, zum wohltuenden Systemabsturz führt und Körper sowie Seele entschleunigt. Eine sehr persönliche Erfahrung der Herausgeberin im OLM Nature Escape.
von Eva Winterer
Die Hängeschaukel wippte sanft im Rhythmus meines Atems. Der Blick glitt über die steilen Hänge des Ahrnstals, die sich auf bis 3.000 Meter Höhe ziehen, und ich spürte, wie sich mein Körper immer tiefer in die weiche Pölster sinken ließ. Es war ein regelrechter Systemabsturz – ein wohltunender, entspannender. In diesem Moment, gefangen zwischen dem warmen Duft des Lärchenholzes aus dem Inneren und dem endlosen Blick in die Südtiroler Bergwelt, begriff ich die Magie dieses Ortes.
Das OLM Nature Escape ist anders. Schon beim ersten Schritt durch die runde Eingangshalle spürt man es: Hier herrschen andere Gesetze. Die 33 Apart-Suiten gruppieren sich wie die Blütenblätter einer riesigen Blume um den 60 Meter durchmessenden Innenkreis. Jede Suite ein kleines Universum für sich, ausgestattet mit Kochnische, oft mit eigener Sauna und freistehender Badewanne – und eben jener Hängeschaukel, die zum heimlichen Star meines Aufenthalts werden sollte.

Wo Räume zu erzählen beginnen
Warum fiel es mir so schwer, diese Schaukel zu verlassen? Warum wollte ich immer wieder zu diesem einen Platz zurück? Oder warum beobachtete ich in der Früh vom Bett aus, durch die botentiefe Glasfront, schon in einem einem Zustand der Hypnose, wie die tiefliegenden Wolken die steilen Hänge hinauf glitten und langsam der Sonne Platz machten? Die Antwort fand ich in der Forschung: Psychologen der Universität Wien haben herausgefunden, dass runde Räume in unserem Gehirn verstärkt positive Aktivitäten auslösen. Wir empfinden sie als schöner, harmonischer, einladender und für manche, wie etwa mich, offensichtlich tiefenenstpannend.
Architekt Andreas Gruber wusste das intuitiv, als er gemeinsam mit Eigentümer Christian Lechner die Vision für das OLM entwickelte. Die Inspiration holte sich Leitner bei den runden Mühlsteinen der alten Mühlen, die einst diese Region prägten. "Warum eigentlich immer eckig bauen?", fragten sie sich. Die Antwort liegt nun vor uns: ein Gebäude, das als sanft eingebettet in die Almlandschaft ist, so als wäre es schon immer dort gewesen und bei der Anreise kaum sichtbar ist.
Die kreisförmige Architektur erzeugt einen besonderen Fluss. Als ich durch die geschwungenen Korridore wandelte, vorbei an den warm leuchtenden Lärchenholzwänden, spürte ich, wie sich meine Schritte verlangsamten. Hier gibt es keine scharfen Ecken, die den Blick abrupt stoppen. Stattdessen führt jede Bewegung organisch zur nächsten, wie der ruhige Atemzug, der ganz natürlich in den nächsten übergeht.
Schweben zwischen Himmel und Erde
In meiner Suite hing die Zeit wie das sanfte Wippen der Schaukel. Immer wieder zog es mich wie von magischer Hand geleitet in diese Hängeschaukel, diesem modernen Thron der Entschleunigung. Das Gefühl des Schwebens wird hier zur Metapher für etwas Größeres. In einer Welt, die uns ständig am Boden hält, fordert, bindet, bietet die Schaukel einen Moment des Abhebens. Körperlich leicht und im Geist frei. Während ich dort saß und die Wolkenbewegungen beobachtete, glaubte ich zu verstehen: Hier dreht sich alles um eine Philosophie des Loslassens.
Berni Aichner, der Küchenchef des Hauses, formuliert es treffend, wenn er von seinem "Genuss nach Lust"-Konzept spricht. Jahrelang arbeitete er in Sterneküche auf höchstem Niveau gelernt. Im OLM kocht er mit derselben Präzision und derselben Qualität und doch in lockerem, authentischen Stil. Gäste können wählen: das fünfmal wöchentliche Apéro-Dinner im Prenn° mit südtirolerisch-mediterranen Auswahl aus der Schauküche genießen, in der eigenen Kochnische experimentieren oder die Region kulinarisch erkunden.
Diese Freiheit durchzieht das gesamte Konzept. Als Aparthotel bietet das OLM die Unabhängigkeit eines eigenen Zuhauses mit dem Service eines erstklassigen Hotels ohne starrem Tagesablauf. Die eigene Sauna lädt ein, wann immer danach ist. Die freistehende Badewanne wird zum privaten Spa mit Bergblick.
Der allgemeine Spa-Bereich verkörpert diese Philosophie ebenso perfekt. Die Glaswände sind mit dezent sichtdurchlässiger Folie versehen – eine geniale Lösung, die Intimität schafft, ohne auszuschließen. Man fühlt sich geschützt und doch verbunden mit der Natur draußen. Das 25 Meter lange Sportbecken erstreckt sich nahtlos von den Indoor-Bereichen ins Freie. Beim Schwimmen durchgleitet man buchstäblich die Grenze zwischen Innen und Außen. In den Morgenstunden des beginnenden Herbst wird es zu einer kleinen Herausforderung zwischen den schwimmt man wildromatisch durch kleine Nebelschwaden.
Das authentisches Selbstverständnis
In einigen Suiten gibt es abtrennbare Arbeitsbereiche – perfekt für digitale Nomaden oder all jene, die ein Buch schreiben möchten. Die direkt zu den Almwiesen ausgerichteten Suiten heißen sogar vierbeinige Familienmitglieder willkommen. Überall spürt man: Hier wurde mitgedacht, mitgefühlt.
Besonders beeindruckend: Selbst die Hunde der Gäste bewegen sich hier wie in Zeitlupe. Erst aus den Augenwinkeln bemerkt man ein Tier, das sich ganz sachte, fast meditativ durch die Räume bewegt. Ist es die Kreisförmigkeit, die diese Ruhe ausstrahlt? Die gedämpften Geräusche? Die Harmonie der Materialien?
Ja, offensichtlich prägt Lärchenholz die Sinne. Unbehandelt wirkt es warm und lebendig. Es wurd, wie die anderen Materialien vom Eigentümer Lechner bewusst wählte. "Das Lärchenholz wird uns alle überdauern", erklärt er seine Philosophie. Materialien mit langer Lebensdauer, die sich eines Tages wieder in den Kreislauf der Natur einfügen.
Energie vom Dach und aus der Tiefe
Was das OLM als einen der Vorreiter einer sich im Wandel befindlichen Branche positioniert ist nicht offensichtlich. Dazu muss man erst aufs Dach steigen oder in die Tiefe blicken. Auf dem rund 2.500 Quadratmeter großen Dach arbeiten etwa 1.200 Photovoltaik-Paneele. Tief in der Erde sammeln rund 130 Geothermiesonden v die Erdwärme. Gemeinsam produzieren sie mehr als 550.000 Kilowattstunden Strom und 800.000 Kilowattstunden Wärme pro Jahr und somit weit mehr, als das Hotel verbraucht.

Diese Energieautarkie ist für den Eigentümer Christina Lechner der Ausdruck von gelebte Verantwortung für die kommenden Generationen. In meiner Suite konnte ich ruhigen Gewissens die Sauna anheizen oder ein heißes Bad einlassen. Der Strom kam von der Sonne, die Wärme aus der Erde. Die kostenlose Südtirol-Mobil-Card für alle öffentlichen Verkehrsmittel rundete das nachhaltige Erlebnis ab.
Kreisläufe des Lebens
Bis tief in die Nacht vor der Abreise, saß ich eingehüllt in eine wärmende Decke, wieder in der Hängeschaukel, hörte den Wildbach rauschen und dachte über die Vision des Hotels nach. "Was ist in 30 Jahren mit dem Gebäude?" Diese Frage trieb den Eigentümer um, als er das OLM plante. Seine Antwort: abbaubare Materialien, die der Umwelt keinen Schaden zufügen. Ein Hotel, das sich wieder in die Natur einfügen kann, wenn seine Zeit gekommen ist.
Irgendwann tauchte die Sonne des wunderschönen Herbsttags die Berggipfel in goldenes Licht. Und ich verstand endlich, warum dieser Ort so besonders ist: Hier verschmelzen Vergangenheit und Zukunft zu einem endlosen Kreis. Die alten Mühlsteine leben in der runden Architektur weiter. Die moderne Technik arbeitet im Einklang mit der Natur. Und jeder Gast wird Teil dieses großen Kreislaufs, ob im Schweben der Hängeschaukel, im Fluss der runden Gänge, im Treiben auf dem Wasser des Naturpools, im Rhythmus eines Ortes, der spüren lässt, wie Architektur unsere Seele berühren kann.
Für mich fühlt sich das OLM wie ein Versprechen an. Ein Versprechen, dass Luxus und Nachhaltigkeit, Komfort und Verantwortung keine Gegensätze sind. Sie werden hier zu einer wunderbaren Geschichte. Einer Geschichte, die jeden Tag neu geschrieben wird und von jedem Gast, der lernt zu schweben.