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Vom Alltag zur Ikone: Jane Birkin und ihre Tasche

Vom alltäglichen Gebrauchsgegenstand zur globalen Ikone: eine Geschichte über Authentizität, Stil und materielle Kultur.

von Eva Winterer

22. Juni 2025

Photo: Sarah Lee / Eyevine / picturedesk.com

Kaum ein Modeobjekt ist so zufällig entstanden und doch so gezielt zur kulturellen Ikone geworden, wie die Birkin Bag von Hermès. Was heute als ultimativer Ausdruck von Luxus und Stil gilt, nahm seinen Anfang auf einem Kurzstreckenflug, mit Jane Birkin, Schauspielerin, Sängerin und feminines Stilvorbild, als zufällige Muse.

Ein Flug, eine Skizze: Der Ursprung eines Mythos

Die Geschichte beginnt im Jahr 1983, auf einem Flug von Paris nach London. Jane Birkin erhält, wie sie in einem Interview mit Anthony Mason von CBS im Jahr 2018 erzählt, ein Upgrade und wird von der Stewardess in die Business Class geführt. Als sie sich niederlässt kippt aus ihrer Hermès Tasche – ohne Innenfächer – ihr Terminkalender und viele Zettel. Sie merkt seufzend an: „Was soll ich tun, Hermès macht sie nicht mit Innentaschen.“ Ihr Sitznachbar meint: „Ich bin Hermès.“ Birkin: „Gut, dann gebe ich Ihnen meinen Terminkalender und sie können für ihn eine Tasche mit Innentaschen machen. Das wäre, bezaubernd.“ Der Herr, der sich als Hermès vorstellte, war niemand anders als Jean-Louis Dumas, Präsident und Kreativdirektor des, im Jahr 1837 als kleine Werkstatt für Pferdegeschirr, gegründeten Maison.

Über dem Ärmelkanal fragte Dumas nach Birkins Vorstellungen und sie war sehr präzise: Die Tasche sollte größer sein als eine Kelly (Anm. Birkin meinte damit die Kelly Bag, eine Entwicklung für Grace Kelly und ebenfalls aus dem Maison Hermès) und nicht so groß wie ein Koffer. Es sollte so eine Art „Beuteltasche“ sein. Dumas und Birkin skizzierten die Tasche auf einem Stück Papier. Die Idee für eine neue Tasche war geboren.

Ein Monat später erhielt Birkin einen Anruf von Hermès. Sie wurde zur Präsentation des Prototyps der neuen Tasche eingeladen. Nach der Wahl des idealen Leders und weiterer Anregungen, wurde sie gefragt, ob die Tasche ihren Namen tragen dürfe. Birkin war überrascht, wie sie Mason im Interview gesteht. Kurz zögerte sie und willigt dann ein. Die „Birkin Bag“ tritt ihren Siegeszug an, geboren aus der Situation einer realen Begegnung.

Jane Birkin und ihre Tasche: Nähe, Distanz, Alltagsobjekt

Jane Birkin, deren Todestag sich am 16. Juli zum zweiten Mal jährt, war in den 70er Jahren bereits eine Ikone. Man liest heute oft den Vergleich oder die Bezeichnung als „IT-Girl“ ihrer Zeit, doch dieser greift zu kurz. Denn Jane Birkin war nicht das Symbol oberflächlichen Glamours, sondern eine intellektuelle und künstlerische Ikone ihrer Zeit. Sie war keine Luxusliebhaberin. Ihre Tasche war für sie ein Gebrauchsgegenstand und die Beziehung zu dieser war geprägt von funktionalem Pragmatismus und bewusster Distanz zu elitärem Glamour. Sie trug sie mit NGO-Stickern, füllte sie mit Alltagsgegenständen und behandelte sie ohne große Ehrfurcht. Einmal meinte sie, sie besäße nie mehr als eine Tasche. Im Jahr 1994 versteigerte sie ihre erste Birkin bei einer AIDS-Charity – für sie ein symbolischer Akt einer Umbewertung.

Spuren des Alltags: Ein Blick in die Original-Birkin, die bei Sotherby’s Paris am 10. Juli 2025 zur Versteigerung kommt. I Photo: Sotherby’s

Die Tasche als Spiegel: Ikonisierung im kulturellen Gedächtnis

Es ist genau diese Spannungsfeld in dem sich die Birkin Bag bewegt, das ein Objekt über seine Funktion hinaus zum kulturellen Träger macht: praktisch und elitär, persönlich und projizierbar, offen für Aneignung. Im Gespräch mit Silent Luxury meint Melissa Marra-Alvarez, Kuratorin für “Education and Research” von “The Museum at FIT” in New York: „Ganz eindeutig ist die Birkin Bag ein Paradebeispiel für die Entwicklung einer kollektiven Ikone. Sie ist das Ergebnis des Verschmelzens von Funktion, Narrativ und Persönlichkeit.” Und mit Blick auf ihre Spuren des Alltags meint sie: “Unvollkommenheiten können eine Möglichkeit sein, zwei ähnliche Objekte von einander zu unterscheiden. Unvollkommenheiten tragen Geschichten, Erinnerungen, und in einigen Fällen können sie ein Indikator dafür sein, wie sehr ein Objekt geliebt und geschätzt wird.”

Dass stehe, so die Expertin, im Gegensatz zur Auffassung, dass Unvollkommenheiten den finanziellen Wert eines materiellen Objekts mindern: “In diesen Fällen sind Abnutzungserscheinungen oder persönliche Markierungen ein Hinweis auf den persönlichen Wert und die Bedeutung eines bestimmten materiellen Objekts.”

Melissa Marra-Alvarez, The Museum at FIT, New York I Phot: Eileen Costa

Der Lackmus-Test von Ikonen

Geschichte und Erinnerungen kommen mit der Zeit. Die Expertin für Luxustaschen weiß: „Zeit ist oft der Lackmus-Test, um festzustellen, ob es ein Modeobjekt schafft die Schwelle von der Popularität zum ikonischen Status zu überdauert.“ Die Frage dahinter sei, so Marra-Alvarez, wie gut das Objekt über die Jahre von einer breiteren Kultur angenommen wird. Denn, ob etwas eine Ikone werde, braucht es ein wenig zeitlichen Abstand, um seine Wirkung, Bedeutung und Repräsentation wirklich zu erfassen.

Das unterstreicht eine Anekdote: Im Interview mit Mason erzählt Birkin, dass sie den Höhenflug, der nach ihr benannten Tasche nicht verfolgte. Daher sei sie sehr erstaunt gewesen, als ihr jemand sagt, dass es mittlerweile die am meist verkaufte Tasche sei. Kurz darauf wurde sie bei einem Interview in New York, als sie ihren Namen nannte, erstaunt mit der Frage konfrontiert: „Birkin? So wie die Tasche?“ Birkin antwortete: „Ja, und die Tasche wird jetzt singen.“

Emanuela Prandelli, außerordentliche Professorin, Università Bocconi, Milano I Photo: Università Bocconi

Zeitloser Mehrwert: Haut à Courroies und Birkin

Die Birkin Bag ist in ihrer Gestaltung ein Erbe des „Haut à Courroies“, eines Reisetäschens für Reiterstiefel und Sättel. Die Übersetzung in die Moderne, eleganter, tragbarer und urbaner, machte die Tasche, so zu einem Objekt des kulturellen Gedächtnis, weiß Marra-Alvarez. Und sie ergänzt: „Das ist die Kraft materieller Kultur.“

Das ist ein wichtiger wirtschaftlicher Faktor für jene Marken, mit den die Ikonen verknüpft sind. Es macht sie langfristig widerstandsfähiger. Auf Nachfrage von Silent Luxury betont Emanuela Prandelli, außerordentliche Professorin am Department für Management und Technologie sowie LVMH Associate Professorin of Fashion and Luxury Management an der Universität Bocconi in Mailand: „Einige Marken – ich denke hier an Hermès, Loro Piana, Bruno Cucinelli oder auch Chanel – haben die Konjunktur im Jahr 2024 weniger stark gespürt. Was sie gemeinsam haben: Sie sind „zeitlos“. Sie haben Produkte, die nicht vom Modetrend beeinflusst werden, über Jahrzehnte aktuell bleiben und so ihren Wert bewahren.“

Heritage: “Es könnte schlimmer sein.”

Marra Alvarez ergänzt: „Heute betrachten wir ikonische Modeobjekte, wie etwa ein Chanel-Kostüm, als Symbole für Stil, Anmut und ein Gefühl von Exklusivität – auch auf Grund ihrer hohen Preise. Sie tragen eine Vorstellung von Heritage in sich.“

Als Jane Birkin im Jahr 2023 starb, würdigten viele Medien sie nicht nur als Künstlerin, sondern als Namensgeberin jener Tasche. Sie selbst nahm es mit britischem Understatement. Auf die Frage von Mason wie sie dazu stehe, dass sie zukünftig auf Grund einer Tasche ewig bekannt sein werde, meinte sie: „Ja, das könnte sein. Aber es könnte schlimmer sein.“

Möglicherweise liegt darin das Geheimnis der Ikone: Die Tasche selbst wurde von ihrer Besitzerin nicht glorifiziert Sie wurde genutzt. Gerade das macht Jane Birkin unvergesslich.

Insights

Edle Materialien, präzise Handarbeit, strikte Limitierung: Wie Hermès mit der "Birkin" kompromisslos auf Qualität setzt - und so seinen Mythos bewahrt. Lesen Sie wie.